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Einen Überblick über digitale Bürgerbeteiligung in den 396 Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalens zu gewinnen – das war vor rund zehn Jahren das Anliegen des „DIID-Monitors“ (Link setzen: www.monitor-online-partizipation.de), einem Projekt des Düsseldorfer Instituts für Internet und Demokratie (DIID Link setzen: https://diid.hhu.de). Ziel war es herauszufinden, welche Städte und Gemeinden im bevölkerungsreichsten Land der Bundesrepublik überhaupt schon Erfahrungen mit digitaler Bürgerbeteiligung gemacht hatten und welche Art von Beteiligungsverfahren angeboten wurden. Eine solche umfassende Übersicht gab es bis zu dem damaligen Zeitpunkt weder für NRW noch für ein anderes Land.
Bei zwei Erhebungswellen (2015 und 2018) wurden jeweils alle Städte und Gemeinden in NRW zu einer Online-Befragung eingeladen. Dabei wurde nicht nur erfasst, welche Kommunen bereits digitale Bürgerbeteiligung eingesetzt hatten, sondern auch, wie viele Verfahren und welche Art von Verfahren zwischen 1999 und 2018 durchgeführt wurden. Die Erhebung deckt damit einen Zeitraum von fast 20 Jahren ab – von den Anfängen der Online-Bürgerbeteiligung bis hin zu ihrer Verstetigung.
Der Blick in die Daten zeigt: Zusammengenommen haben die Kommunen in NRW für den Zeitraum 1999 bis 2018 rund 640 Verfahren digitaler Bürgerbeteiligung gemeldet. Diese verteilten sich freilich nicht gleichmäßig auf alle Städte und Gemeinden – der Erfahrungsgrad bzw. die Anzahl der Verfahren pro Kommune variierte stark. Nichtsdestotrotz: Mehr als ein Drittel aller Städte und Gemeinden hatte zum damaligen Zeitpunkt bereits mindestens ein Verfahren digitaler Bürgerbeteiligung durchgeführt. „Spitzenreiter“ mit fast 50 Online-Verfahren war dabei übrigens Velbert – eine mittelgroße Stadt im Rheinland. Wenngleich die Erhebung zeigte, dass digitale Bürgerbeteiligung vor allem ein Phänomen der Großstädte ist (mehr als 80 Prozent von ihnen boten diese an), gibt es in NRW auch einige Mittel- und Kleinstädte mit umfangreicher Erfahrung in Online-Verfahren. Thematisch lassen sich die erfassten Beteiligungsverfahren vor allem den Bereichen Finanzen und Stadtentwicklung zuordnen. Dies geht vor allem auf die Verbreitung der „Bürgerhaushalte“ zu Beginn der 2010er Jahre zurück, die häufig durch digitale Plattformen zur Sammlung von Bürgervorschlägen begleitet wurden.
Was hat sich seitdem in Sachen digitaler Bürgerbeteiligung verändert und wie sieht es in den anderen Bundesländern aus? Das möchten wir nun mit dem Projekt „Erfolgsfaktoren lokaler Online-Partizipation“ beantworten und digitale Bürgerbeteiligung auf der kommunalen Ebene für ganz Deutschland erfassen – in den 10.994 Städten und Gemeinden aller 16 Bundesländer. Dafür haben sich vier Forschungsstandorte zusammengetan: die Universitäten Dresden, Düsseldorf, Koblenz und Leipzig. Dabei gehen wir nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich über den „DIID-Monitor“ hinaus. Wir wollen nicht nur alle Verfahren erfassen, sondern auch ein besseres Verständnis der Rahmenbedingungen von digitaler Bürgerbeteiligung in den Kommunen gewinnen: Welche Ziele verfolgen Kommunen mit digitaler Bürgerbeteiligung? Welche Gründe sprechen ggf. auch dagegen? Unter welchen Voraussetzungen funktioniert digitale Beteiligung besonders gut, welche Faktoren sind eher hinderlich? Welche Rolle kann Künstliche Intelligenz dabei spielen? Schlussendlich geht es darum, wie wir digitale Bürgerbeteiligung in Zukunft gestalten können, damit sie die lokale Demokratie nachhaltig stärkt.
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Dr. Nadja Wilker
Heinrich Heine Universität Düsseldorf
Dr. Nadja Wilker ist promovierte Politikwissenschaftlerin und erforscht die Perspektive von Entscheidungsträgern und Verwaltungsakteuren im Kontext digitaler Bürgerbeteiligung.
Sie hat Kommunikations- und Politikwissenschaft (B.A.) in Münster und Politische Kommunikation (M.A.) in Düsseldorf studiert. Während ihrer Promotion an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat sie die Rollen und Perspektiven kommunaler Mandatsträger im Kontext von E-Partizipation analysiert und mit einem interdisziplinären Team eine Übersicht digitaler Beteiligungsverfahren in NRW erstellt (www.monitor-online-partizipation.de). In den letzten Jahren konnte sie zudem als Referentin der Hochschulleitung Erfahrungen in der Praxis der Wissenschaftskommunikation sammeln und hat Transferformate für politische Entscheidungsträger entwickelt und organisiert.